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0131 Antivilla

Krampnitz, 2010-2014, Brandlhuber+ Emde, Schneider; Elsa Beniada, Peter Behrbohm, Klara Bindl, Romina Falk, Victoria Hlubek, Tobias Hönig, Cornelia Müller, Markus Rampl, Paul Reinhardt, Jacob Steinfelder, Caspar Viereckl; Karin Guttmann, Robert Hartfiel, Andreas Schulz / Pichler Ingenieure (Tragwerksplanung)

Beim Umbau des Stofflagers des VEB Obertrikotagen „Ernst Lück“ am Krampnitzsee, süd-westlich von Berlin, sollte von einer üblichen bauphysikalischen Ertüchtigung der Außenhülle abgesehen werden. Stattdessen galt es, die hohen Baustandards in Frage zu stellen und sich experimentell mit einem Verständnis von Architektur als Umwelt auseinanderzusetzen. 
Gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Pichler entwickelten Brandlhuber+ ein Konzept, das eine Anpassung an die neuen Nutzungsanforderungen als Atelier- und Wohngebäude mittels weniger gezielter Eingriffe erlaubt. Das Satteldach aus Asbest-Wellplatten wurde abgetragen und durch ein neu konzipiertes Flachdach ersetzt, das zudem konstruktiv als Überzug ausgebildet ist, sodass bis zu fünf Meter breite Wandöffnungen in das vorhandene Mauerwerk geschlagen werden können; die groben Fensterdurchbrüche unterstreichen die materielle Präsenz des Bestands. Im Inneren wurde das Gebäude entkernt, nichttragende Wände entfernt. Zudem wurde im Obergeschoss ein Funktionskern mit Badezimmer, Küchenzeile und Sauna eingefügt. Der Saunaofen bildet den Mittelpunkt differenzierter Temperaturzonen, die von innen nach außen kühler werden und durch transparente Vorhänge aus PVC-Folien gegeneinander abgegrenzt werden können, wobei der großzügige Raumeindruck erhalten bleibt. Während im Winter die beheizte Nutzfläche auf einen Kernbereich von circa 50 Quadratmetern schrumpft, dehnt sie sich in den anderen Jahreszeiten entsprechend aus. Gegenläufig zu den Temperaturzonen bilden sich differenzierte Helligkeitszonen heraus, die den verschiedenen funktionalen Bedürfnissen gerecht werden. 
Damit greifen Brandlhuber+ Reyner Banhams Konzept der „Architektur der wohltemperierten Umwelt“ (1969) auf und kombinieren die beiden von Banham unterschiedenen Prinzipien der Raumbildung miteinander, wobei die vorgefundene Hülle das Prinzip der „konstruktiven“ und die temperaturabhängige Zonierung im Inneren das der „energiegesteuerten“ Raumbildung verkörpern.

(Text: Anh-Linh-Ngo & Achim Reese)